Vom Getreide zum gewünschten Mehltyp – Teil 1

Dieser Bericht wird sich in den nächsten Wochen auf 3 Teile teilen und soll vom Getreide bis hin zum fertigen Mehl alles beinhalten. Unterteilt werden die Berichte in:

  1. Getreidekorn und Getreidearten (Aufbau vom Korn,…)
  2. Mehltypen (Vergleiche mit Österreichischen, Deutschen, Schweizer, Französischen, Italienischen)
  3. Erntebericht 2014 – Was ist bei der neuen Mehlernte zu beachten (Kneten, Teigverhalten, Gare)

Weiteres möchte ich gerne die Backeigenschaften der Hauptgetreidearten des Weizen, Roggen und Dinkel erklären.

Getreide ist auch heute noch das Hauptnahrungsmittel der Weltbevölkerung. Auf 60% der Weltackerfläche wird Getreide angebaut. Die mengenmäßig wichtigsten Getreidearten sind Weizen, Mais und Reis. Weltweit werden von jeder dieser Getreidearten mehr als 600.000 Tonnen angebaut.

Die als Brotgetreide angebauten Pflanzen gehören zu der Familie der Süßgräser. Die Getreidekörner sind in den reifen Halmfrüchten und werden zum weiteren Mehl verarbeitet. Die verschiedenen Getreidearten und deren unterschiedlichen Qualitätseigenschaften haben Einfluss auf die Verarbeitung der Gebäcke.

Getreidekorn und Getreidearten

Zusammensetzung des Getreidekorns:

  1. Bärtchen: Fortsatz der Fruchtschale
  2. Fruchtschale: Schützt den Mehlkörper und Keimling. Die Samenschale gibt dem Korn seine Eigenfarbe., z.B. die grünlich blaugraue Farbe des Roggens. Die dickwandigen Zellen schützen das Korninnere vor schädlichen äußeren Einflüssen und geben dem Korn, zusammen mit der darunterliegenden Wabenschicht Stabilität. Die äußere Schale, die vorwiegend aus Zellulose und Pentosanen besteht, wird in der Mühle vor Beginn des Mahlvorgangs entfernt.
  3. Aleuronschicht: Sie besteht aus besonders dickwandigen Zellen und befindet sich genau zwischen äußerer Schale und Mehlkorn. Helle Mehle enthalten daher fast keine Schalenbestandteile. Bei der Weitervermahlung der Schalenbruchstücke zu höher ausgemahlenen Mehlen jedoch gelangen Anteile davon ins Mehl. Daher wird höher ausgemahlenes Mehl dunkler.
  4. Mehlkörper: Er enthält den größten Anteil an Stärke (60-65%; auf Mehlkernschicht bezogen) und Klebereiweiß (9-12%).
  5. Keimling: Er dient zur Bildung einer neuen Pflanze. Der Keimling enthält den größten Anteil an Fett. Vor Beginn der Vermahlung wird er entfernt, und zwar wegen seines hohen Anteils an Fetten und Enzymen, die die Lagerfähigkeit des Mehles beeinträchtigen würden.

Inhaltsstoffe der Getreidekörner Weizen und Roggen:

  • Schale:                         Weizen 6%           Roggen 9%
  • Aleuronschicht:         Weizen 7-9%        Roggen 10-12%
  • Mehlkörper:               Weizen 82-85%   Roggen 75-78%
  • Keimling:                    Weizen 2-3%        Roggen 3-4%

Die Qualität des Getreides wird durch folgende Einflüsse bestimmt:

  • Auswahl der Sorte durch den Landwirt, der den Ertrag oft höher bewertet als die erreichbare Backqualität
  • Anbaumethode und Düngung während der Vegetationsperiode, die auch von den dafür notwendigen Kosten beeinflusst werden
  • Witterungsbedingungen während der Vegetationsperiode, insbesondere in den Erntemonaten Juni und Juli
  • Möglichkeiten der Mühle, aus den der zu Verfügung stehenden Getreidepartien eine für den Bäcker gut verwendbare Mischung zusammenzustellen
  • Mineralstoffgehalte (Typenzahl) der Mehlmischungen, die beim Müller zur Optimierung der Mehlausbeute an der oberen Grenze der Mehlausbeute liegen sollte, aber dann vielleicht für ein gutes Backergebnis nicht mehr Optimal ist

Die Getreidearten auf einen Blick:

Weizen (Triticum aestivum)

Weizen ist die sortenreichste Getreideart. Nach den Erbanlagen werden Einkorn-, Emmer-, und Dinkelweizensorten unterschieden. Innerhalb dieser Gruppen gibt es Wildformen, Spelzweizen und Nacktweizen. Nur wenige Weizensorten haben Backtechnische Bedeutung.

Hart- oder Glasweizen: Der wichtigste Nackweizen der Emmerreihe ist der Hart- oder Glasweizen (Durumweizen), dessen Mahlprodukte vor allem für die Teigwarenherstellung verwendet werden.

Saat oder Weichweizen: Seine Mahlprodukte dienen der Herstellung von Brot und Kleingebäck. Alleine in Österreich und Deutschland werden etwa 60 Winter- und 30 Sommerweizensorten angebaut.

Durch die Teigbildenden wasserlöslichen Proteine (Gliadin und Glutenin) weist der Weizen als einzige Getreideart optimale Verarbeitungs- und Backeigenschaften auf. Der Teig ist dehnbar, elastisch und besitzt gutes Gashaltevermögen.

Roggen (Secale cereale)

Roggen gedeiht auch auf Böden, auf denen Weizenanbau nicht mehr denkbar ist. Ursprünglich aus Kleinasien kommend, hat er sich heute weltweit durchgesetzt.

Die Menge und Qualität von glutenbildenden Proteinen ist geringer als beim Weizen, der Anteil der Schleimstoffe (Pentosane) dagegen wesentlich höher. Deshalb ist die Teigstruktur nicht wie bei Weizen dehnbar und elastisch, sondern plastisch, mit leicht feuchter Oberfläche. Durch die niedrige Verkleisterungstemperatur der Roggenstärke und eine erhöhte Aktivität der Mehlenzyme erfordern die Teige eine Säuerung zur Erzielung einer optimalen Backfähigkeit.

Dinkel (Triticum spelta)

Im Zusammenhang mit Änderung der Ernährungsweise bekommt der Dinkel wieder Bedeutung.Der Dinkel ist mit dem Weichweizen verwandt, und aus den Urweizenarten Emmer und Einkorn hervorgegangen. Seine Spelzen sind fest im Korn verwachsen sind. Der anspruchslose, winterharte Dinkel kann auch in rauhen Gebirgslagen angebaut werden. Dinkel liefert im Vergleich zu Hochertragssorten relativ kleine Erträge, aber sein Wachstum ist anspruchslos, ist kaum anfällig gegen Schädlinge und der Winter kann ihm nichts anhaben.

Dinkel weist einen hohen Feuchtglutengehalt auf. Die Glutenstruktur ist sehr dehnbar, deshalb wird eine schonende Teigknetung empfohlen (Quellknetung verlängern). Durch die Verwendung von Brüh- oder Kochstück können mit Dinkel sehr gute Backergebnisse erzielt werden.

Unreifer oder milchreifer Dinkel wird auch “Grünkern” genannt. Die noch grünliche, im Inneren noch etwas feuchten “milchreifen” Körner wurden früher mittels speziellen Verfahrens über Buchenfeuer getrocknet. Heutzutage wird der Erntezeitpunkt, der Tag der sogenannten Teigreife genau angepasst. Anschließend wird der Grünkern gedarrt, wodurch er seine Keimfähigkeit einbüßt, aber mahlfähig wird.

Drei Dinkelsorten sind von wirtschaftlicher Bedeutung und typisch:

  1. Frankenkorn – eine Rückkreuzung aus alten Sorten
  2. Oberkulmer Rotkorn – eine Auslese aus einer alten Schweizer Landsorte
  3. Schwabenkorn – eine Rückzüchtung der Universität Hohenheim auf die Sorte “roter Tiroler”

Triticale

Der Name Triticale ist eine Wortbildung aus triticum (Weizen) und secale (Roggen) und kennzeichnet die Entstehung der Getreideart durch Kreuzung der Brotgetreide Weizen und Roggen. Triticale wird weniger als Brotgetreide, vielmehr als Viehfutter angebaut.

Zu Brot verbacken sollte Triticale versäuert werden. Die Triticale Brote sind jedoch nicht von besonders hervorzuhebender Qualität! Sie werden von einem Mischbrot, die herkömmlich aus Weizen und Roggen verarbeitet wurden, meist qualitativ übertroffen.

Kamut (Triticum turanicum)

Kamut weist einen rund 20-40% höheren Proteingehalt als Weichweizen auf. Kamutkörner sind zwei- bis drei mal so groß wie Weizenkörner und weisen einen gelblichen Farbton aus. Wegen des hohen Eiweißgehaltes und den guten Klebereigenschaften eignet sich Kamut, das einen angenehm nussigen Geschmack aufweist, besonders für Backwaren. Dank seiner besonderen Backqualität lässt sich Kamut vielfach anstelle von Weizen und Dinkel verbacken. Kamut weist eine gute Verträglichkeit auf und ist eine Alternative für Weizenallergiker.

Einkorn (Triticum monococcum)

Die Glutenstruktur ist sehr schwach, was somit den Anwendungsbereich einschränkt! Durch eine schonende Teigbearbeitung (längere Quellknetung und kürzere Intesivknetung) und die Ansäuerung der Teige kann mit Einkorn ein ansprechendes Backresultat erzielt werden. Die gelbliche Farbe ist durch den hohen Gelbpigmentgehalt (Beta-Carotin) verursacht. Der Gehalt an Mineralstoffen und Aminosäuren ist wesentlich höher als der beim Weizen.

Emmer (Triticum dicoccum)

Emmer weist einen hohen Protein- und Feuchtglutengehalt auf. Die Glutenstruktur ist sehr schwach, was die Weiterverarbeitung somit einschränkt. Auch bei diesem Getreide ist auch schonende Quellknetung und eine Ansäuerung zu achten.

Gerste (Hordeum Vulgare)

Sie dürfte das älteste Getreide der Menschheit sein und aus Zentralasien stammen. Gerste zeichnet sich durch ganz bestimmten Mineralienreichtum aus: Kalium, Kalzium, Magnesium, Eisen, Kobalt und Kieselsäure.

Gerste enthält zu wenig glutenbildende Proteine und ist deshalb nicht Backfähig. Gerste muss mit anderen backfähigem Getreide gemischt werden. Gerste keimt sehr schnell aus, das heißt, die stärkeabbauende Enzymtätigkeit ist hoch. Bei Gebäcken mit Gerste ist dies beim Backprozess zu berücksichtigen (intesive Bräunung). Gerste ist das Ausgangsprodukt für die Backmalzfabrikation.

Buchweizen (Heidekorn)

Botanisch gesehen ist Buchweizen kein Getreide, sondern eigentlich ein Knöterichgewächs und damit ein Verwandter zum Rababer und Sauerampfer. Buchweizen enthält keine glutenbildenden Proteine und ist deshalb alleine nicht backfähig.

Schwache Verdauungsorgane können Buchweizen gut aufnehmen und verwerten, daher eignet er sich besonders als Aufbaudiät nach schweren Krankheiten.

Hafer (Avena)

Wie die Gerste weist auch Hafer eine ungenügende Backfähigkeit auf. Hafer enthält zwar Gliadin, aber kein Glutein, dadurch ist keine Glutenbildung möglich. Dieses Getreide ist gegenüber anderen Getreidearten besonders hochwertig, und wird daher bei Magen-Darmkrankheiten empfohlen. Der hohe Fettgehalt kann sich bei der Lagerung negativ auf die Lagerung auswirken. Um das “Ranzigwerden” von Hafer zu vermeiden, wird der Hafer einer Enzymaktivierung (Hitzebehandlung) unterzogen.

Mais (Zea Mais)

Mais ist alleine nicht backfähig, und muss daher mit anderen Getreidearten gemischt werden.

Hirse (Millet)

Wie Hafer weist auch Hirse einen hohen Fettgehalt auf. Werden die Hirsekörner nicht stabilisiert, ist mit einer beschränkten Haltbarkeit zu rechnen. Hirse weist eine für Zöliakiekranke verträgliche Proteinzusammensetzung auf.

Reis (Oryza sativa)

Reis muss mit anderem backfähigen Getreide gemischt werden.

Amarant (Amaranthus caudatus)

Amaranth ist ein Fuchsschwanzgewächs und gehört nicht in die Familie der Gräser. Es ist eine sehr widerstandsfähige Pflanze und verträgt Trockenheit, Hitze und raues Bergklima. Bei der Zugabe von 10%, verringert sich die Knet- und Gärtoleranz.

Quinoa (Inkakorn, Inkahirse)

Durch die Zugabe von Quinoa ist mit einer geringen Volumensausbeute zu rechnen. Bei der Dosierung über 10% verringert sich die Knet- und Mischzeit. Quinoa ist außerdem ein Gänsefussgewächs und schmeckt ähnlich wie Reis.

Wachstumstadien des Getreides

  1. Milchreife: Aus dem Getreidekorn lässt sich durch Quetschen zwischen den Fingern eine milchige Flüssigkeit herausdrücken. In diesem Stadium erreicht das Korn seine volle Größe.
  2. Teigreife: Die Flüssigkeit beim Herausdrücken ist nicht mehr flüssig, sondern zähflüssig.
  3. Gelbreife: Das Getreidekorn ist hart, und es lässt keine Flüssigkeit mehr durch drücken.
  4. Vollreife: Das Wachstum ist beendet und das Korn hat seine volle Reife erreicht.
  5. Totreife: Der Wassergehalt im Korn ist soweit geschrumpft, das es mit dem Fingernagel nicht mehr eingedrückt werden kann.
  6. Notreife: Durch Wettereinflüsse kommt es zum Drusch

Die Lagerung des Getreidekorns:

Moderne Lagertechnik ermöglicht eine werterhaltende Lagerung über mehrere Jahre. Dadurch werden gute und schlechte Ernten ausgeglichen. Die Handelsmühlen lagern nach der Ernte große Getreidemengen ein. Sie erzielen dadurch beim Einkauf günstigere Preise und sichern langfristig eine gleichmäßige Qualität ihrer Mahlprodukte.

Vor der Einlagerung in die Silos wird das Getreide in der Regel vorgereinigt, um den Besatz zu entfernen und den Keimgehalt zu erniedrigen. Der Wassergehalt wird durch die Trocknung auf 14% abgesenkt. In den Getreidesilos werden die Lagerbedingungen (Temperatur, Feuchtigkeit, Gasatmosphäre) konstant gehalten. Das Getreide wird regelmäßig umgewälzt und belüftet. Die Qualität des lagernden Getreides wird dadurch über lange Zeiträume gleichbleibend erhalten.