Teigfestigkeit
Warum dein Brotteig zu weich oder zu fest wird – und was du dagegen tun kannst
Oft werde ich angeschrieben mit Fragen wie: “Warum ist mein Teig so klebrig?”, “Warum ist er so fest geworden?”, oder “Stimmt die Rezeptur überhaupt?” – diese Unsicherheit ist völlig normal. Tatsächlich gibt es viele Gründe, warum ein Teig nicht wie gewünscht ausfällt, und die liegen oft nicht am Rezept selbst. In diesem Beitrag erkläre ich dir, woran es wirklich liegen kann – und wie du ganz einfach gegensteuern kannst.
Du freust dich aufs Backen, hast alles vorbereitet – und trotzdem ist dein Weizenteig viel zu weich, klebt an den Fingern oder ist so fest, dass er kaum aufgehen will? Keine Sorge: Das passiert selbst erfahrenen Hobbybäckerinnen und Hobbybäckern.
In diesem Beitrag zeige ich dir die häufigsten Ursachen für unpassende Teigkonsistenzen – speziell bei Brotteigen und Weizenteigen für Brot und Kleingebäck – und gebe dir hilfreiche Tipps, wie du diese Probleme ganz leicht in den Griff bekommst.
1. Mehl ist nicht gleich Mehl Auch wenn auf der Packung “Weizenmehl Typ 550/700” oder “Roggenmehl 960/997” steht – Mehl ist nicht gleich Mehl. Je nach Hersteller, Mahlgrad und Lagerung nimmt es unterschiedlich viel Wasser auf. Das hat direkten Einfluss auf die Teigkonsistenz.
Tipp:
Starte mit 10–15 % weniger Flüssigkeit als im Rezept angegeben.
Beim ersten Versuch eines neuen Rezepts: Gib die Flüssigkeit nach und nach dazu, bis der Teig geschmeidig, elastisch und nicht mehr klebrig ist.
Wenn du regelmäßig dasselbe Mehl verwendest, notiere dir die optimale Wassermenge – das spart beim nächsten Mal Zeit und Frust.
2. Backrezepte sind ein Leitfaden, aber keine exakte Wissenschaft. Faktoren wie Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit, Mehlsorte oder das eingesetzte Knetsystem beeinflussen die Teigentwicklung enorm. Wer sich stur an Milliliter- und Grammangaben klammert, erlebt schnell Enttäuschung.
Tipp:
- Beobachte deinen Teig und verlasse dich nicht nur auf die Waage.
- Ein guter Brotteig ist glatt, elastisch, dehnbar – aber nicht zu klebrig.
- Brötchenteig darf etwas fester sein, damit er Form und Ofentrieb behält.
3. Ungenaue Messmethoden Volumenangaben wie “1 Tasse Mehl” sind zu ungenau. Je nachdem, wie das Mehl geschöpft wurde, können sich schnell 30–50 g Unterschied ergeben – das reicht, um den Teig zu feucht oder zu trocken werden zu lassen.
Tipp:
- Nutze immer eine digitale Küchenwaage – auch für Flüssigkeiten.
- Faustregel: 100 ml Wasser entsprechen 100 g.
- Kleine Ungenauigkeiten summieren sich – besonders bei Teigen mit langer Gärzeit.
4. Knetzeit – zu kurz oder zu lang Weizenmehl benötigt Energie beim Kneten, um ein stabiles Glutengerüst zu entwickeln. Nur so kann der Teig beim Backen stabil aufgehen. Zu langes Kneten, insbesondere mit der Maschine, macht ihn dagegen gummiartig.
Tipp:
- Fenstertest: Ein kleines Teigstück dünn ausziehen – wird es durchsichtig? Dann ist der Teig optimal geknetet.
- Beim maschinellen Kneten: Lieber mehrmals kontrollieren als zu lange kneten lassen.
- Brötchenteige eher mittelfest kneten, Brotteige dürfen elastischer sein.
- Roggenhaltige Teige nur kurz mischen: Zu langes Kneten macht sie weich.
5. Falsche Reifezeiten! Ein zu kurzer oder zu langer Reifeprozess bringt den Teig aus dem Gleichgewicht. Überreifer Teig fällt zusammen, unreifer Teig hat unkontrollierten Ofentrieb.
Tipp:
- Reifezeit nach Volumen beurteilen, nicht nach Zeit: Hat sich der Teig sichtbar vergrößert, ist er bereit.
- Fingertest: Leicht eindrücken – bleibt die Delle, passt der Gärzustand.
- Gehzeiten sind Richtwerte, kein Dogma – beobachte deinen Teig.
6. Überreife Sauerteige oder Vorteige – ein häufig unterschätzter, aber sehr wichtiger Punkt: Überreife und zusammengefallene Sauer- oder Vorteige können gebundenes Wasser nicht mehr halten. Das führt zu weichen, instabilen Teigen. Zudem erschwert der hohe Säuregehalt insbesondere bei Weizenteigen die Teigentwicklung erheblich. Der Teig löst sich schlecht von der Kesselwand. Bei Roggenteigen zeigt sich der Fehler oft erst bei der Endgare durch flache, breitgelaufene Brote.
Tipp:
- Sauerteige nicht zu lange reifen lassen.
- Weizenvorteige besser kühl führen. Eine längere Reifezeit im Kühlschrank schadet kaum.
- Werden überreife Vorteige verwendet, halte zu Beginn etwas Wasser zurück. Gib es erst dazu, wenn sich der Teig von der Kesselwand löst.
Fazit: Deine Hände sind die beste Anleitung Die perfekte Teigkonsistenz lernst du nicht durch exakte Grammangaben, sondern durch Fühlen, Beobachten und Ausprobieren. Je öfter du backst, desto besser wird dein Gespür für Teige.
Extra-Tipp: Führe ein Teig-Tagebuch und notiere dir:
- verwendetes Mehl
- Teigkonsistenz und Teiggefühl
- was besonders gut funktioniert hat
- und natürlich: das Backergebnis
Das macht dich Schritt für Schritt zum Teigprofi!
25 Kommentare
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Jörg
Hallo Dietmar,
dank der vielen Tipps und mit etwas Fingerspitzengefühl sieht dann selbst ein erster Versuch so auch (Pane Anello aus Deinem Buch S. 205). Toller Geschmack durch das Granoferm…. (… musste den Gärkorb etwas improvisieren:-) )
Vielen Dank dafür.
VG Jörg
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Dietmar Kappl
Hallo Jörg,
boa danke für das coole Foto 🙂 🙂 🙂
Lg. Dietmar
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Hans-Dieter
Hallo Dietmar,
ich habe mich an das Roggenbauer Rezept aus dem Buch herangemacht.
Gleich vorweg: Es ist ein tolles Alltagsbrot und reiht sich zwischen Roggenlaib und Gassenhauer perfekt ein!
Der erste Versuch war ganz gut:
TA 175
70″ Backzeit
40″ Stückgare
Frischhaltung: da es ohne Schwarzroggen gemacht wurde,
dachte ich mir, da geht noch mehr.
Eventuell etwas Gare noch und es erfolgte Versuch 2.
TA 180
Weizen Kochstück 50:200
70″ Backzeit
75″ Stückgare
Ergebnis: Teig war sehr gut zum Formen, die Frischhaltung etwas besser schon, also Mo bis Fr kein Problem.
ABER: Der Backstein war zu heiss und zuwenig Schwaden auch noch.
Und noch dazu: Ein Kochstück aus dem Ks kühlt hier den Teig noch ab.
Daher auch noch Untergare…
Finale dann im 3.Versuch:
TA185
Roggen Kochstück 50:200
70″ Backzeit
60″ Stückgare
Parameter:
Anbacktemperatur auf 230C und 100g Schwaden.
Kochstück zusammen mit Vollsauer Stufe angesetzt u. bei Rt auskühlen lassen, 3h.
Saftige Krume, Kruste nicht zu fest, Frischhaltung top.
Im Beitrag steht ja alles da, aber es braucht halt manchmal auch noch mehr Gedult und viel Übung.
Beste Grüße
Hans-Dieter
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Dietmar Kappl
Mensch Dieter – du bist aber hartnäckig 😉
Genau das braucht es um ans perfekte Ziel zu kommen!!
Lg. Dietmar
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Hans-Dieter
R2
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Hans-Dieter
R3
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Dietmar Kappl
wie gemalt 🙂 🙂 🙂
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Markus P.
Hallo Dietmar,
ich habe gerade das (gegenüber der Blog-Version) abgewandelte Tourte-de-Meule-Rezept aus deinem Buch nachgebacken. Die zweistufige Sauerteigführung verstehe ich; die Kombination von Roggensauerteig (im “Original” Weizen-ST) und langer kühler Gare wirft für mich die Frage auf, ob sich das “verträgt”. Ich bilde mir ein gelesen zu haben, dass sich Roggensauerteig insofern negativ auf Weizenteige auswirkt, als es deren Klebergerüst schneller abbaut. Das würde nach meiner laienhaften Ansicht eher gegen eine Langzeitgare sprechen. Oder wird die Auswirkung des Roggen-ST durch die niederen Temperaturen gebremst?
Wie auch immer, beim ersten Versuch ist der Teigling einigermaßen in die Breite gelaufen, aber das kann ich beim nächsten Mal mit der Wassermenge steuern.
LG
Markus
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Dietmar Kappl
Hallo Markus,
ich habe die Erfahrung gemacht, das der Einsatz von Roggensauerteig auf Weizenteig positiv beeinflusst.
Teigentwicklung und Teigstruktur sind top und auch das Aroma finde ich viel abgerundeter und nicht säuerlich 😉
Lg. Dietmar
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Manfred E.
Mit Roggensauerteig ist es ein ganz anderer Geschmack. Aussehen, Kruste, Krume sind ziemlich ähnlich.
(Bild oben links mit festem Weizensauerteig, die beiden anderen Bilder Brot nach Rezept aus dem Buch)
Gruß Manfred
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Dietmar Kappl
TOP – mehr geht nicht 🙂 🙂
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Yvonne
Dein Buch lag in meinem Osternest. Habe mich riesig drüber gefreut.Roggen ist mein liebstes Getreide und da hast Du mit diesem Buch voll ins schwarze getroffen. Auch optisch ist es sehr ansprechend gestaltet und es macht viel Freude in den Rezepten zu schmökern.
Liebe Grüße
Yvonne
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Dietmar Kappl
Danke Yvonne – freut mich (es wird bereits die zweite Auflage gedruckt 😉 )
Lg. Dietmar
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Jörg
Vielen Dank für die guten Erinnerungen, die man all zu schnell vergisst. Man ist halt nur Hobbyselbstversorger.
Vielleicht erlaubt an dieser Stelle:
Vielen Dank für Dein inspirierendes Buch – es begeistert und motiviert. Habe inzwischen 6 Rezepte probiert ( das ist mir bei einem solchen Buch noch nicht passiert ) und alle waren sehr gut – manche richtig lecker. Habe durch die festere STführung dazu gelernt und bin überrascht von der Auswirkung. Ebenso von der Einhaltung der genauen Gare und den Misch – bzw. Knetzeiten👍🏼.
Sehr schön. Ich würde sehr gerne einen Kurs besuchen, wenn’s nicht so weit wäre. Gibt’s vielleicht mal wieder etwas hier in Norddeutschland?
Viele Grüße Jörg
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Dietmar Kappl
Hallo Jörg,
Danke für die tollen Backergebnisse 🙂
Es wird bald einen Buchbeitrag geben, bei dem alle ihre Ergebnisse oder Fragen posten können.
Tja vielleicht wirds ja einmal was mit einem Kurs – manchmal geht es schneller als man denkt 😉
Lg. Dietmar
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Jörg
Hallo Dietmar,
das wäre prima.
Bei mir ist heute nach dem Gassenhauer – top geklappt und super Brot – eine Frage aufgetreten:
Rezepte S. 194 und S. 198 ist da das Mehl in der 2. Stufe richtig? Muss es nicht beim Cuvée-Sauerteig ein Weizenmehl sein?
Bin jetzt etwas stutzig, da mir das Gassenhauer so gut schmeckt….
Vielen Dank.
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Dietmar Kappl
Brot sieht Top aus und ja hier ist dem Lektorat ein kleiner Fehler unterlaufen.
Dieser wird aber bereits in der neuen (2ten) Auflage ausgebessert 😉
Kann mich nur vielmals entschuldigen.
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Jörg
Vielen Dank für die Info.
Prima wäre natürlich, wenn es eine Liste (ggf. PDF) auch für die derzeitigen Buchbesitzer geben würde. Weil sonst wird’s im Forum hoch und runter diskutiert.
Grundsätzlich habe ich noch nie ein Backbuch so häufig in die Hand genommen, und so anhaltend nach dem nächsten Rezept gesucht. Da kann man kleine Fehler schon verschmerzen.
NUR, ist jetzt das Mehl falsch angegeben, oder nur die Überschrift auf der Seite falsch.
Vielen Dank für die Antwort.
VG Jörg
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Dietmar Kappl
Hallo Jörg,
bin dran – bitte um etwas Geduld 😉
Kann mich nur vielmals für diese Fehler entschuldigen.
Lg. Dietmar
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Jörg
Alles Gut! Vielen Dank…. – dafür hier gerne noch wieder etwas sehr gelungenes – “Dinkelvollkornbrot”.
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Dietmar Kappl
🙂 🙂 🙂
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Irmgard von wildes Brot
“Backrezepte sind ein Leitfaden, aber keine exakte Wissenschaft. Faktoren wie Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit, Mehlsorte oder das eingesetzte Knetsystem beeinflussen die Teigentwicklung enorm. Wer sich stur an Milliliter- und Grammangaben klammert, erlebt schnell Enttäuschung.”
Das ist die wichtigste Erkenntnis überhaupt!
Wilde Grüße, Dir und Daniel noch frohe Ostern
Irmgard
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Dietmar Kappl
Danke – dir auch frohe Ostern
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Kelienea Schlegel
Ein Beitrag, der mir zu Beginn meiner Hobbybäcker-Karriere sehr geholfen hätte, ganz ein wichtiges Thema. Danke lieber Didi!
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Dietmar Kappl
Jetzt brauchst du es bestimmt nicht mehr 🙂 🙂
Danke fürs teilen auf deiner FB Seite
Lg. Dietmar
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