Charpentier
Das Charpentier habe ich in Frankreich kennen gelernt. Sowohl die Form als auch der Geschmack begeisterten mich von Anfang an. Diese schön gefärbte, lichte Krume ist durchzogen von vielen Aromastoffen und auch die Kruste zeichnet sich durch eine langanhaltende Rösche aus.
In der Brotdose gelagert und am nächsten Tag noch einmal 5 Minuten bei 250°C aufgebacken, ist kein Unterschied zu erkennen (man könnte sagen – noch besser). Sowohl Sauerteig als auch der Hauptteig, wurden mit dem Steinmehl T80 geknetet.
Zwar mag die Rezeptur mit einer TA von 180 wieder einmal den einen oder anderen erschrecken, dafür ist die Aufarbeitung umso einfacher. So wird der Teig nach dem Kneten einer 150 Minuten langen Teigreife unterzogen, und dabei 3 mal alle 50 Minuten aufgezogen (falten).
Danach wird der Teig für 12-15 Stunden bei 4°C im Kühlschrank gelagert. In dieser Zeit entwickelt der Teig Unmengen an Aromastoffen, die zu meiner Verwunderung mit keinem anderen Französischen Brot zu vergleichen waren – nicht einmal mit dem Tour de Meule.
So wird am Backtag der Teig nur mehr aus der Wanne gekippt, und mit einer Spachtel in 6 gleich große Stücke gestochen. Die abgestochenen Teigstücke werden nun zu je 3 Stk. in einen Gärkorb (Simperl) gelegt. Der Abgestochenen Teiglinge garen nun im Gärkorb für etwa 50-70 Minuten bei Raumtemperatur bevor sie bei 250°C mit kräftigen Schwaden gebacken werden.
Rezept
für ein Teiggewicht von 1105g: 2 Stück mit einer Teigeinlage von 550g
Weizensauerteig:
- 100g T80
- 100g Wasser
- 10g Anstellgut
TA: 200 TT: 27-29°C RZ: 15-18 Stunden
Hauptteig:
- 500g T80
- 280g Wasser -1 (für Autolyse und zu Beginn der Mischzeit)
- 100g Wasser -2 (diese Wassermenge wird erst später Schluckweise nachgeschüttet)
- 13g Meersalz
- 2-3g Hefe
- 210g Weizensauerteig
TA: 180 TT: 24-25°C MZ: 10 Min. langsam / 3-5 Min. schnell
Sauerteig, Wasser -1 und Mehl werden knollenfrei verrührt, und für 30 Minuten zur Autolyse stehen gelassen. Nach der Autolyse werden Meersalz und Hefe beigemengt und 10 Minuten langsam geknetet.
Erst wenn der schnelle Gang zu laufen beginnt, wird das Wasser -2 in kleinen Etappen nachgeschüttet. Es wird so lange am schnellen Gang geknetet, bis das vollständige Wasser aufgemischt ist (wer sich nicht über die hohe TA von 180 wagt, kann ruhig etwas Schüttwasser zurückbehalten). Bei laufender Maschine sieht möglicherweise noch alles im grünen Bereich aus, dies ändert sich aber mit ausgeschalteter Maschine Schlagartig.
Gleich nach dem Mischen wird der Teig in eine geölte Wanne gekippt und 3 mal alle 50 Minuten gefaltet. Mit jedem Faltvorgang gewinnt der Teig an Stabilität, und es macht richtig Spaß ihn dabei zu beobachten. Nach den 150 Minuten Teigentwicklung, wird der Teig für 12-15 Stunden im Kühlschrank gelagert.
Nach den eingehaltenen 12 Stunden wird der Teig in der Wanne bemehlt, und auf eine Arbeitsplatte gestürzt. Nun werden 2 Gärkörbe (Simperl) etwas kräftiger mit Mehl bestaubt. Vom Teig, der bereits auf der Arbeitsplatte liegt, werden nun mit einer Teigspachtel beliebig große Stücke abgestochen und in den Gärkorb gelegt. Die Menge des Teiges sollte sich auf 2 Gärkörbe aufteilen, und es sollte darauf geachtet werden, das die Porung so gut als möglich erhalten bleibt.
Je nachdem wie vorsichtig man bei der Aufarbeitung war, reift der Teig im Gärkorb für weitere 45-70 Minuten. Gebacken werden die Brote 250°C fallend 235°C etwa 30-35 Minuten (kräftig Ausbacken). Der Schwaden wird erst gegen Ende der Backzeit abgelassen.
Eingereicht auf YeastSpotting
121 Kommentare
Kommentar erstellen
Micha
Optisch sind sie mir nicht ganz geglückt – ich hätte sie wohl anders ins Gärkörbchen verfrachten müssen. Geschmacklich allerdings mag ich die lange, kalte Führung ja sehr – und daher sind auch dein charpentier ganz mein Fall! Danke für die schönen Anregungen!
Antwort erstellen
Frank
Hallo Dietmar,
Bin gerade über Deinen super Blog gestoßen. RESPEKT, alles sehr ausführlich beschrieben, super für einen Anfänger!!
Ich wollte nun mit dem Charpentier beginnen. Allerdings stellt die Teigruhe von 12h ein kleines Problem da. Ich habe diese Woche Spätschicht und schaffe diese 12h Teigruhe nicht, kann man die Teigruhe auch auf 20h verlängern, evtl durch reduzieren des Hefeanteils! Für einen Tipp wäre ich Dankbar und könnte das Brot am Freitag mit auf die Schicht nehmen, da werden die Kollegen Augen machen. Hehe
Grüße Frank
Antwort erstellen
Frank
Ich wohne, bzw arbeite nahe an der Grenze zum Elsaß, dem entsprechend arbeite ich mit vielen Elsässern zusammen. Diese haben das Brot am Freitag gelobt:)
Danke für das Rezept!!
Die Standfestigkeit des Teiges beim einschiesen bleibt trotzdem mein Problem. Ist das bei dir auch so? Mir gefällt die gebackene Form deiner Probaten außerordentlich gut! Diese passt hervorragend zu dem Typ Brot!
Gruß Frank
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Hallo Frank,
wenn dir die Standfestigkeit bei diesem Rezept Probleme bereitet, dann reduziere die TA um 5%. Eine etwas festerer Teig bewirkt eine bessere Standfestigkeit auf der Gare 😉
Lg. Dietmar
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Hallo Frank,
DANKE für dein Lob!
Normalerweise wird die Lagerzeit/dauer mit der Lagertemperatur gesteuert! So beträgt die Lagertemperatur bei 12 Stunden bis +5°C. Bei einer Verlängerung der Lagerzeit auf 20 Stunden, sollte man die Lagertemperatur auf +1 bis +2°C einstellen. Dies ist im Kühlschrank oft schwierig, denn dieser ist meist auf 5°C eingestellt!
Daher: Kühlschrank etwas kühler einstellen, und eventuell den Teig nach dem Falten kurz ins Gefrierfach legen (max. 15-20 Minuten /zugedeckt!!). Durch den extremen Temperaturunterschied wird die Teigtemperatur etwas schneller runtergekühlt, und somit verzögert sich der Reifeprozess des Teiges.
Schöne Grüße Dietmar
Antwort erstellen
Frank
Hallo Dietmar,
Das Brot hat hervorragend geschmeckt! Gebacken hatte ich mit T 1050.
Allerdings ist der Teigling etwas “zerlaufen” als ich ihn vom Gärkorb auf den Einschießer gab. Das fertige Brot schaut dadurch ausgebacken nicht so aus wie auf deinen Bildern. Kann es sein, dass das T1050 weniger Wasser aufnimmt als das frz T80 und ich besser etwas weniger Wasser hätte nehmen sollen?
Der Teigling ging im Ofen super auf ( 2h auf 250 Grad vorgeheizt mit 3cm Schamottestein und Schwaden). Die Grobporige Krumme kommt sehr nahe an Deine Probanten.
Hier mal ein Bild vom Resultat:
http://www.fotos-hochladen.net/uploads/imagebwpsv63xc8.jpg
Grüße
Frank
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Hallo Frank,
freut mich, das es dir auch mit dem Mehlaustausch gleich auf Anhieb gelungen ist! Die Krustenfarbe auf dem Foto ist genau nach dem Geschmack der Franzosen 🙂 – ORIGINAL – Super!
Zu deiner Frage ob das T80 mehr Wasser aufnimmt, kann ich leider nur schätzen! ICH glaube, das sich der Unterschied der Wasseraufnahme erst bei der Kühlen Gare von über 12 Stunden bemerkbar macht.
Lg. Dietmar
Antwort erstellen
Frank
Okay! Werde berichten!
Danke nochmals!!!!
Antwort erstellen
Frank
Danke Dir!!
Ich habe einen Side by Side Kühlschrank mit einem extra Fach welches Separat geregelt werden kann. Allerdings werde ich die Teigwanne da nicht reinbekommen. Den kompletten Kühlschrank auf 2 Grad stellen ist wohl die einzigste Option.
Wäre ein entgasen (platt drücken) des Teiglings während der Ruhe auch eine Option?
Grüße Frank
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Dann würde ich diesen für einen Tag auf +2°C einstellen 😉 ,
aber auf keinen Fall entgasen!
Lg.
Antwort erstellen
Armin
Hallo Dietmar, ein Rezept das meine Entzugserscheinungen backen betreffend noch steigert, bin zur Zeit in Novigrad bei tollem Urlaubswetter 20 Grad, Regen, Windböen mit 65 km/h.
Aber am Wochenende, da gibt es kein Halten mehr.
Lg. Armin
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Leider kann man sich das Wetter nicht aussuchen, aber das Backen umso mehr 🙂
Trotzdem einen schönen Urlaub und ein noch schöneres Backen wenn du wieder zuhause bist!
Lg. aus Linz
Ps. Haben gerade 37°C im Schatten – tja, ich steh ja auch in der Backstube “grins”
Dietmar
Antwort erstellen
Herbert
Hallo Dietmar
du schreibst man kann auch Weizentyp 1600 nehmen,
ist das in Deutschland Vollkorn ?
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Hallo Herbert,
fast, du musst Weizenmehl Type 1050 nehmen 😉
Typenvergleich:
.Weizenmehl Type 405 (Österreich – W/480)
.Weizenmehl Type 550
.Weizenmehl Type 812 (Österreich – W/700)
.Weizenmehl Type 1050 (Österreich – W/1600)
.Weizenmehl Type 1600 (Österreich – Vollkornmehl)
.Roggenmehl Type 815 (Österreich – R/500)
.Roggenmehl Type 1150 (Österreich – R/960)
.Roggenmehl Type 1800 (Österreich – Roggenvollkornmehl)
Schöne Grüße Dietmar
Antwort erstellen
ninive
Wie gut dass ich einen großen Sack (naja, 5 kilo) T80 aus Frankreich mitgebracht habe, das wird wohl mein nächstes Brot werden!
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Der wird bald aus sein 😉
Lg. Dietmar
Antwort erstellen
Naddi
Mensch fast wäre mir dieses Rezept durch die Lappen gegangen 🙂 Gerade gestern aus dem Burgund zurückgekehrt und dort wie ein kleines Kind mit riesengroßen Augen auf dem Markt und vor den Boulangerien gestanden, lacht mich dieses Rezept an und wandert subito auf die Nachbackliste und gleich muss ich mir noch das Rezept von dem Tabatiere ziehen, damit das auch nicht in Vergessenheit gerät. Herzlichst Nadja P.S. nicht vergessen, nächste Woche – ich wollt ja mal bei Dir reinschauen 😉
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Hi Naddi,
welcher Tag war das nochmal?
Antwort erstellen
Samuel Kargl
Hallo Dietmar!
Wenn ich kein T80 zur Hand habe, wie kann ich mir abhelfen, dass ich ein ähnliches Ergebnis bekomme. Ich hab mir gedacht ich mahle mit meiner Steinmühle Weizen und siebe es mit einem Mehlsieb aus. Komm ich da annähernd hin?
lg SAM
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Hi Sam, nimm einfach den Weizentyp 1600! Der kommt dem T80 sehr nahe 😉
Lg.Dietmar
Antwort erstellen
Karin Anderson
Interessantes Brot. Ich backe jede Woche ein ähnlich hoch hydriertes Brot, Typ Pain a l’Ancienne, das nur in Streifen geschnitten und nicht geformt werden kann.
Allerdings natürlich nicht mit französischem Mehl, (was die Brote für meine Kunden unerschwinglich machen würde), sondern Weizenmehl (Bread Flour) mit 10% Vollkornroggen, und etwas Roggensauerteig direkt aus dem Kühlschrank. Die Übernachtgare sorgt für einen sehr guten Geschmack, und die Rustic Baguettes sind äusserst beliebt.
Antwort erstellen
Bäckermeister a.D.
Hallo Karin
Sehr interessante Blogs, aber ich bin der englischen Umgangssprache nicht mächtig und Googles-Radebrecher ist dürftig. Vielleicht ist es dir ja möglich das eine oder andere Rezept zu übersetzen und in deinem Blog zur Verfügung zu stellen.
Danke im Voraus
Bäckermeister a.D.
Antwort erstellen
Karin Anderson
Ja, leider ist Google-Translate mit der Übersetzung von Rezepten oft überfordert, was manchmal für anhaltendes Gelächter sorgen kann, oft aber auch schlichtweg falsch ist.
Ich bin gern bereit, Rezepte zu übersetzen, und werde auf jeden Fall alle englischen Beiträge meiner Götz-Brot-Aktion ins Deutsche übertragen (und umgekehrt), damit jeder sie lesen kann.
Wenn du etwas siehst, was du gern übersetzt haben möchtest, schreib mir einfach eine Email (drkarinanderson@gmail.com). Ich werde aber auch manches von diesen Blogs nachbacken und darüber posten.
LG, Karin
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Ich finde sowieso, das Weizenmehle mit hoher Typenzahl gerade sehr hoch im Kurs stehen. In den letzten Jahren sind diese Mehltypen zu unrecht verschwunden oder verdrängt worden. Alleine die Geschmacklichen Aromen und die hohe TA sind durch niedrige Typenzahlen nicht zu ersetzten.
Grüße aus St.Marien
Dietmar
Antwort erstellen
Karin Anderson
Hier werden zum Glück alte Weizensorten wieder populärer, ich habe gerade ein Vollkornweizenbrot mit Mainer Biomehl gebacken, fantastischer Geschmack. Mit unterschiedlichen Mehltypen ist allerdings leider nicht weit her, ich kann T65 nur online für reichlich Geld bestellen, aber T80 ist noch schwieriger zu erhalten. Das gleiche gilt für mittlere Weizen- oder Roggentypen.
Ich schreibe übrigens gerade die Götzenbrot-Zusammenfassung, sehr unterhaltsam! Kennst du eigentlich Barbara Elisi’s Blog “Bread & Companatico” (http://www.myitaliansmorgasbord.com) oder Freerk Boos “BreadLab” (http://alveoli-breadlab.blogspot.com)? Die sind wirklich einen Besuch wert!
LG, Karin
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Danke Karin, kommen auf die Liste der Freude 🙂
(Kann aber etwas dauern, da ich zur Zeit unter Zeitmangel leide / spätestens Wochenende!!!!)
Lg. Dietmar
Antwort erstellen
Thomas M. aus E.
Moin Dietmar. Sehr spannend. Frage. Im Anlauftext steht: 6 Stücke und jeweils 3 in EINEM Gärkorb? Oder 2 Teiglinge à 550g wie in der Rezeptüberschrift…. ??? Gruß aus SH. Thomas
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Hi Thomas,
es werden 2 Gärkörbe zu je 550g.
In jeden Gärkorb liegen 3 abgestochene Teigstücke 😉
Lg. Dietmar
Antwort erstellen
Kim
Dietmar,
hast Du einen Tip für mich, was ich machen kann, wenn ich nur lange Garkörbe habe ? Auch drei Teigstücke – einfach nebeneinander ?
Danke!
Antwort erstellen
Dietmar Kappl
Hallo Kim,
nimm einfach einen geeigneten Plastiktopf, Salatschüssel…
Lege diesen einfach mit einem Geschirrtuch aus, staube es mit Mehl aus und schon hast du einen runden Gärkorb!
Zur Not kannst du auch drei Stück in einen langen Gärkorb legen – Schaut sicher klasse aus.
Schöne Grüße Dietmar
Antwort erstellen
Kim
Klingt und sieht verführerisch aus, allein beim Lesen läuft mir das Wasser im Mund zusammen !! Wird noch heute angesetzt !! 🙂
Antwort erstellen
Kommentar erstellen