Weizensauerteigbrot mit langer und kühler Gare
In letzter Zeit backe ich ausschließlich ohne Hefe und rein mit Sauerteigen (Weizen & Roggen). Meine derzeitigen Tests beziehen sich auf hohe Anstellgutmengen mit kurzer Reifezeit. Früher hatte ich 2-3 % Anstellgut in Kombination mit 14-18 Stunden Reifezeit geführt. Ein gleichmäßiges und konstantes Aroma im gebackenen Brot war hier nur schwer zu erreichen, da ich meine Testrezepte ausschließlich bei Raumtemperatur führte.
Natürlich ist es einfacher, ein Ergebnis konstant und gleichmäßig in einer gesteuerten Gärbox zu führen, aber hat eine solche? Ich vermute 90 % (95 %) der Leser lassen ihren Sauerteig einfach bei Raumtemperatur reifen und genau dies führt immer zum selben Problem: die Teige lassen sich schwer auskneten, haben eine schwache Gärstabilität und haben im Aromenspiel eine starke Dominanz an Säure.
Derzeit führe ich meine Sauerteige mit 25-40 % Anstellgut, 30°C, einer TA von 200 und einer Reifezeit von 5 bis 6 Stunden. Dieses Führungsschema führt (bei mir) zu einer kontrollierten Reife des Sauerteiges, welcher in der weiteren Teigherstellung seine volle Triebkraft zeigt.
Rezept
für ein Teiggewicht von 1852g / 2 Stk zu je 926g Teigeinlage
Weizensauer
100g | Weizen- oder Roggenanstellgut |
200g | Weizenmehl W550/700 |
200g | Wasser 40-45°C |
- Anstellgut im Wasser vollständig auflösen und anschließend mit Weizenmehl klumpenfrei verrühren.
- Anschließend 5 bis 6 Stunden Reifezeit bei Raumtemperatur
- Zieltempertaur 30-32°C
Hauptteig
500g | reifer Weizensauerteig |
400g | Weizenmehl Type 550/700 |
400g | T80 Steinmühlenmehl (alternativ W550/700) |
530-550g | Wasser |
22g | Salz |
Herstellung
- Wasser, reifer Weizensauerteig und Mehl in der Knetmaschine 2 Minuten langsam mischen.
- Anschließend den Teig 45 Minuten abgedeckt zur Fermentolyse stehen lassen.
- Salz hinzufügen und den Teig so lange langsam mischen, bis dieser sich von der Kesselwand löst.
- Sobald sich der Teig von der Kesselwand löst, wird dieser weitere 3 Minuten schnell geknetet.
- Nach der Teigherstellung wird er Teig in eine leicht geölte Wanne gelegt.
- Falten nach 45 & 90 Minuten.
- Nach dem letzten Falten den Teig bis zu einer Volumenszunahme von 35-40 % reifen lassen (ca. 90 Minuten nach dem letzten Falten).
- Nun den Teig in zwei gleich große Stücke teilen und zu einem runden Teigstück falten.
- Den Teigling mit Teigschluss nach oben in bemehlte Gärkörbchen legen.
- Teiglinge bei 4-5°C im Kühlschrank für 15-18Std lagern.
- Ofen auf 240°C vorheizen
- Teiglinge direkt aus dem Kühlschrank entnehmen, mit einem scharfen Messer an der Oberfläche einschneiden und mit kräftigen Schwaden in den Ofen schieben.
- Backtemperatur auf 230°C reduzieren
- Backzeit gesamt 30-35 Minuten.
38 Kommentare
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Andy
Dann mach ich mal weiter…Unterschiedliches Anstellgut, unterschiedliche Reifezeiten, einmal als Brot, einmal als Semmeln! Wunderbar!!
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Dietmar Kappl
Na wieder einmal einen Backtag eingelegt Andy 🙂 🙂 🙂
Klasse!!!
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Volkmar
Lieber Dietmar,
vielleicht ist diese Frage etwas off-topic, aber dennoch:
Welches Mehl nimmst Du zum Wirken und Formen der Teiglinge? Nimmst Du bei Weizenteigen dann auch Weizenmehl oder generell Roggenmehl oder etwas völlig Anderes?
(Bericht zum Brot kommt noch, die Teiglinge sind noch im Kühlschrank).
LG, Volkmar
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Dietmar Kappl
Hallo Volkmar,
nimm das was in der Nähe steht – fertig 😉
Bei Kleingebäck vorzugshalber R500 😉
Lg. Dietmar
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Schorsch Mildenberger
Lieber Dietmar,
das Rezept ist spannend. Ausprobiert und der Sauerteig war etwas müde. Trotzdem weitergemacht und der Teig war fein zu bearbeiten. Am nächsten Tag lagen jedoch etwas müde flache Teiglinge auf dem Schieber. Also rein in den Ofen und dann: Hammertrieb!
Im Ergebnis tolles Brot mit deutlicher Säure. Sehr gut aber es ist noch dran zu arbeiten. Die Nachfolger sind schon gebacken und warten auf den Anschnitt.
Liebe Grüße
Schorsch
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Dietmar Kappl
Ich liebe diese rustikale Optik – die sieht so was von IRRE aus 🙂 🙂
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Peter
Lieber Dietmar,
zuerst möchte ich dir danken für deinen blog. Mit wie viel Hingabe und Herzblut du für uns immer wieder neue Rezepte veröffentlichst und mit welcher Ausdauer und Akribie du immer am Erklären bist, das kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Ich weiß gar nicht, wie du das alles mit deinem Bäckeralltag vereinen kannst. DANKE!!!!
Jetzt hätte ich aber auch noch eine Frage – natürlich:
Wie wird der Versäuerungsgrad eines reinen Weizenbrotes berechnet?
Das Beispiel können wir gleich vom obigen Rezept nehmen:
500 g ST (also 250 Mehl und 250 Wasser)
800 g Mehl
(1) Nimmt man ST-Mehl vom Gesamtmehl? Hier also 250/1050 = 23,8 %
(2) Nimmt man Sauerteiggewicht vom Gesamtmehl? Hier 500/1050 = 47,6 % (eher nicht, oder?)
(3) Oder Sauerteig vom Gesamtteig? Hier 500/1300 = 38,4% (wohl eher auch nicht, oder?)
oder vielleich ganz was anderes.
Bei Lutz hab ich ein Rezept gefunden, da ist Sauerteig / Restmehl = 20,00 %
Hier wäre das: 500/800 = 62,5 %
Dann bin ich mal gespannt…
Schöne Bäckergrüße und vielen Dank schon im Voraus
Peter
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Dietmar Kappl
Hallo Peter,
bei Weizen hat diese Berechnung keine Bedeutung!
Weizen muss nicht versäuert werden – dort wird nur die Triebleistung des Teiges eingestellt. Du kannst 10-35% der Gesamtmehlmenge in den Sauerteig packen.
Je Triebstärker dein Sauerteig ist, desto weniger kannst du nehmen.
Lg. Dietmar
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Simone
Hallo Dietmar, vielen Dank für diese spannende Idee. Das mit der Gärbox lässt sich bei mir auch nicht wirklich einrichten, dafür habe ich zu große Vorteigmengen.
– Funktioniert das auch, wenn ich im Winter nur 18 °C habe, bei der der Sauerteig steht?
– Wenn ich jetzt keine lange kühle Gare machen möchte, sondern den Teigling bei RT (oder im Winter bei ca. 18°C) gehen lasse, dauerts dann auch nur 30 min die Stockgare und 45 min die Stückgare? Oder brauche ich da wieder die Kombi aus W-ST und R-ST?
Danke! lg Simone (ich backe schon fleißig vom Kurs im Juli 😉 )
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Dietmar Kappl
Hallo Simone,
besser wären 22-23°C, aber 18°C wird auch funktionieren (schau einfach das der Sauerteig nach dem anrühren 34°C hat 😉 )
Wenn du den Teigling bei 18°C reifen lässt, bleibt alles bleich – nach der Aufarbeitung dauert die Endgare wahrscheinlich bei 18°C nur 60-90 Minuten.
Lg. Dietmar
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Martin
Hallo Dietmar, zum Thema Gärbox: Ich habe mir eine aus einer Styroporbox und einer Terrarienheizmatte mit Thermostat gebaut. Die Idee habe ich bei Lutz Geißler gefunden. Das funktioniert prima und auch frische auch meine Sauerteige damit auf. Ich finde es gerade jetzt im Sommer schwierig die Gärzeit vorherzusagen, wenn es daheim bis zu 24°C warm ist…
Beste Grüße, Martin
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Dietmar Kappl
Das hilft immer 😉
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Stefan
Frisch aus dem Holzbackofen
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Dietmar Kappl
Hallo Stefan,
boa des schaut mega aus 🙂
Lg. Dietmar
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Hans-Dieter
Hallo Dietmar,
nun kam das T80 noch gerade recht für das Freitagsbacken 🙂
Der Geschmack erinnert mich etwas an das dunkle Ruchmehl von der Meraner Mühle.
Tja, ein Laib is scho weggegessen…
Sehr lecker!
Super Rezept wieder mal.
Viele Grüße
Hans-Dieter
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Dietmar Kappl
Hallo Hans – tolles Miche 🙂
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Hans-Dieter
🙂
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Guido Kirchner
Ich hätt nie gedacht, dass das Verhältnis von 500gr Sauerteig zu 800gr Mehl funktioniert. Aber die Brote sind fantastisch rausgekommen, auch mit T700 und T1100 und RoggenVollkornmehl-Anteil…
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Dietmar Kappl
🙂 ja man ist immer wieder überrascht, was und vor allem WIE man zu solchen Ergebnissen kommt.
Auch ich staune immer wieder!!
Lg. Dietmar
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Christa Valerie Hedwig
Hallo Dietmar,
was da heute aus meinem Backofen rausgekommen ist, ist digital kaum beschreibbar.
Man kann es hier nicht angreifen, nicht riechen, und man hört das Knacken nicht, wenn man es anschneidet.
Es ist also im wahrsten Sinne des Wortes unbeschreiblich. Und mittlerweile kann ich, nach einiger Zeit des Erfahrung sammelns, sagen – war gar nicht so schwer 😊.
Und jeder Schritt ein sinnliches Erlebnis.
Ich finde die Krume kommt den Fotos von Deinem Brot schon sehr nahe. A biss’l was geht immer besser 🙃.
Liebe Back-Community – ran ans Mehl. Es ist einmal mehr ein geniales Rezept.
Liebe Grüße
Christa
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Dietmar Kappl
Hallo Christa,
kochen ist ja schon geil, aber Brot backen ist mit nichts zu toppen und wenn dann die Ergebnisse so aussehen, fehlen einem die Worte!
Jedes Brot eine UNIKAT!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Mega Christa
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Christa Valerie Hedwig
☀️🤗
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Julia aus dem Allgäu
Hallo Dietmar,
danke dir für deine Erläuterungen zum Rezept – so werden deine Beiträge zu echten Lehrstücken für uns alle, das ist so viel hilfreicher als in den anderen Blogs, wo einfach nur die Zutaten gepostet werden…
An zwei Stellen eine Nachfrage von meiner Seite:
(1) Im Text erläuterst du die Vorzüge, den Sauerteig mit hoher Menge ASG, kurz und warm (30°) zu führen. Dennoch finde ich die 30° im Rezept selbst nicht wieder. Nur das Wasser für den Sauerteig ist relativ warm – aber ansonsten geht doch der Sauerteig bei Raumtemperatur. Darf ich fragen, wo ich da was nicht verstanden habe?
(2) Du beschreibst zu Anfang, dass du eine zu dominierende Säure gern vermeiden möchtest – der Hauptteig steht dann aber 15-18 Std im Kühlschrank. Gerade da müsste sich doch eigentlich sehr viel Säure entwickeln? Inwiefern liege ich hier falsch?
Lieben Dank dir für dein Feedback!!!
Und weiter so 🙂
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Dietmar Kappl
Ps. Ich hab es jetzt noch einmal in der Rezeptur vermerkt 😉
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Dietmar Kappl
Hallo Julia,
1.) der Sauerteig sollte bei einer kurzen Reifezeit mit hoher Anstellgutmenge bei einer Temperatur von 30°C geführt werden (mus nachsehen ob ich dies falsch angeführt habe oder du nur falsch verstanden hast 😉 )
2.) Sauerteigbrote, welche auf der langen und kühlen Gare geführt werden, erlangen diese nicht durch diese Führung, sondern übersäuern schon bei der Teigehrstellung bis hin zur Aufarbeitung! Wenn du deinen Sauerteig richtig führst, erlangt das Brot auf der langen Gare keine Säure. Die kurze Sauerteigführung ermöglicht es dir den Sauerteig kontrolliert in kurzer Zeit zu führen. Bei einer geringen Sauerteigmenge in Kombination mit langer Reife kann dir das Ding schnell kippen 🙁
Lg. Dietmar
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Josef Brammer
Hi Didi, kontrollierst du auch den ph-Wert, oder gehst du beim Sauerteig nur nach Gefühl? GLG Josef
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Dietmar Kappl
Hallo Josi,
das machte ich vor einigen Jahren – heute machen das die Geschmackssinne 😉
Mittlerweile hab ich die Fermentation stabil unter Kontrolle.
Lg. Dietmar
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Josef Brammer
Hab ich mir gedacht 👍 ist ja auch mindestens genauso zuverlässig 👍💪
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Siegi
Hallo Didi,
danke für die sehr paraktische Rezeptur! Die kurze Sauerteigführung passt super in den Arbeitsallteig.
Habe 720g W700 mit 80g Vollkorn gemischt, – das geht vermutlich etwas auf den Ausbund aber schmeckt einfach.
Eine Charge 2 Laib Brot, eine Charge 24 Weckerl in zwei Muffinsformen.
Ergebnis haptisch, olfaktorisch und sensorisch top!!!
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Dietmar Kappl
Die sehen köstlich aus Siegi 🙂
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Stefan Heinemann
Klingt wie eine Art Chad Robertson Country Bread mit deutlich erhöhter Versäuerung. Interessant. Wird die Tage getestet! Danke Dietmar!
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Dietmar Kappl
Wird dir gefallen 😉
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Hans-Dieter
Servus Dietmar,
wäre das Ruchmehl auch als Ersatz für das T80 ratsam?
Ich meine, macht das vom Aroma her einen wesentlichen Unterschied?
Backe selten mit franz. Mehlen :).
Versuchen tu ich es in jedem Fall.
Beste Grüße
Hans-Dieter
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Dietmar Kappl
Hallo Hans,
kannst es tauschen, aber der Geschmack vom T80 ist ein anderer.
Wenn du Ruchmehl nimmst, hau noch 2 Minuten im schnellen Gang drauf – das Mehl vertragt die starke Knetung 😉
Lg. Dietmar
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Hans-Dieter
Danke Dietmar,
dann muss wohl ein T80 her.
Bin laufend am Experimentieren.
🙂
Update folgt.
lg
Hans-Dieter
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Dietmar Kappl
Ich kann dir jetzt schon sagen – du wirst es nicht bereuen 😉
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Richard Meier
Oh das werde ich probieren, sieht wieder sensationell aus, Dietmar. Mist..nun muss ich mir wohl auch noch einen größerer oder weiteren Kühlschrank besorgen.😅
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Dietmar Kappl
Wenn man nicht bäckt, findet sich bei uns zwei sicher ein Ersatz das der Kühlschrank nicht leer steht 🙂 🙂
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