Helles Landbrot
Der Ausbackzeitpunkt für Brot und Gebäck wird üblicherweise durch die Bestimmung der Backzeit festgelegt. Um festzustellen, ob die Backwaren auch tatsächlich durchgebacken sind, bedient man sich folgender Methoden:
- Überprüfung der Kerntemperatur: Gemessene Kerntemperatur von 96-98°C.
- Überprüfung der Krustenfarbe: Die Brote und Gebäcke müssen die charakteristische Krustenfarbe aufweisen.
- Überprüfung der Krustenfestigkeit: Durch Abklopfen des Gebäckbodens bei Broten oder durch Drücken bei Kleingebäck kann festgestellt werden, ob die Krume durchgebacken ist.
- Überprüfung des Gewichtes: Durch Abwiegen der Backwaren.
Nach Verlassen des heißen Ofens dauert es etwa zwei bis drei Stunden, bis die Brote auf Raumtemperatur abgekühlt sind. während dieser Zeit laufen verschiedene Vorgänge ab:
- Temperaturabgabe an die Umgebung: Dabei lässt der Gasdruck im Gebäckinneren nach und es entsteht ein Unterdruck. Das Volumen wird kleiner und es kommt zum “Fenstern” der Kruste. Durch die feinen Risse gelangen die Aromastoffe der Kruste ins Innere der Backwaren.
- Wasserverdunstung: Mit der Wärmeabgabe verdunstet Wasser. Gleichzeitig werden auch flüchtige Aromastoffe abgegeben. Durch die Wasserverdunstung entstehen Gewichtsverluste.
- Retrogradation: Nach dem Ausbacken beginnt bei einer Temperatur von unter 55°C die Mehlstärke zu entquellen. Dieser Prozess leitet das Altbackwerden der Brote und Gebäcke ein.
Altbackwerden (Retrogradation):
Ofenfrische Backwaren behalten ihre Frische nur für kurze Zeit. Danach kommt es wieder zu Veränderungen der Krusten- und Krumenbeschaffenheit.
- Die Kruste verliert ihre Rösche. Sie wird weich, zäh und nach einiger Zeit hart und spröde.
- Die Krume wird nach und nach fester, trockener, bis sie zuletzt hart und rissig ist.
- Das Brotaroma geht nach einigen Tagen verloren.
Das Altbackwerden setzt unmittelbar nach dem Ausbacken ein. Grund dafür ist die Retrogradation – die Rekristallisation der verkleisterten Stärke. Die verkleisterte Stärke gibt bei diesem Vorgang Teile des gebundenen Wassers ab und verändert dadurch ihre Struktur.
Für die Frischhaltung ist die Lagertemperatur von großer Bedeutung, den mit Unterschreiten der Kerntemperatur von 60°C beginnt die Alterung der Brotkrume. die Alterung der Krume macht sich in der Verfestigung bemerkbar.
- Temperaturbereich über 60°C: Keine Verfestigung der Krume
- Temperaturbereich über 35°C: Um das vierfache verzögerte Alterung, jedoch Aromaverlust und Gefahr des Auskeimens des Bacillus subtilis (Fadenziehen)
- um 20°C: Normale Lagerungstemperatur, normale Alterung
- um 14°C: Schnellste Bildung von kristallinen Strukturen der Stärke
- um 0°C: Schnellste Zunahme der Rückkristallisation
- unter -5°C: Stillstand der Alterungsvorgänge
Das bei der Retrogradation freigegebene Wasser wandert von der Krume in die Kruste. Diese verliert dadurch die Rösche und wird weich und zäh. Die Krume wird durch den Wasserverlust immer fester und trockener und kann kein Wasser mehr aufnehmen. Die dabei entstehenden Gewichtsverluste werden als “Lagerverlust” bezeichnet.
- Kleingebäck: 2% nach 2 Stunden / 5-6% nach 24 Stunden
- Brote: 1% nach 2 Stunden / 2% nach 24 Stunden / 3% steigend nach 3tagen
Größere Gewichtsverluste können auftreten:
- bei kleineren Gebäcken mit starken Ausbund und hohen Krustenanteil
- bei geschnittenem Brot
- bei angeschobenen Brot
Maßnahmen zur Erhaltung der Frische:
Um die Frische der Backwaren möglichst lange aufrechtzuerhalten, muss der Wasserverlust klein gehalten werden. Die geschieht durch gezielte Maßnahmen, die den Wasserhaushalt im teig erhöhen, die Verquellung verbessern und die Verkleisterungsfähigkeit der Stärke steigern:
- Verwendung von dunklen Mehlen ( W1600, R2500,…)
- Verwendung von Vollkornmehlen
- indirekte Teigführung (Einsatz von Vorteigen)
- weichere und kühlere Teigführung
- Zugabe von Restbrot
- gutes Ausbacken (eine kräftige Kruste verzögert die Wasserverdunstung)
- Eier und Fettbeigabe
- Tiefkühlen
“Helles Landbrot” Rezept
für 1688g Teig / 2x 844g Teigeinlage
Roggensauerteig:
- 100g Roggenmehl Type 960
- 80g Wasser 35°C
- 5g Anstellgut
TA: 180 RZ: 15-24 Std TT: 32°C fallend Raumtemperatur
Roggenpoolish:
- 100g Roggenmehl Type 960
- 200g Wasser 30°C
- 1g Hefe
TA: 300 RZ: 18-24 Std TT: 27-28°C 2 Stunden – danach im Kühlschrank bei 5-6°C reifen lassen
Hauptteig:
- 185g reifer Sauerteig
- 301g reifes Roggenpoolish
- 500g Weizenmehl Type 700
- 300g Weizenmehl Type 1600
- 370g Wasser
- 22g Salz
- 10g Hefe
Anleitung:
- Alle Zutaten außer Hefe und Salz am langsamen Gang vermischen.
- 20 Minuten zur Autolyse stehen lassen.
- Nach der Autolyse Hefe und Salz beimengen und 7 Minuten langsam / 5-6 Minuten schnell kneten.
- Nach dem Kneten reift der Teig zugedeckt für 30 Minuten in der Teigschüssel
- Anschließend Teig teilen und zu runden Teigstücken wirken.
- Die runden Laibe entspannen für 10 Minuten und werden danach zu längliche Striezeln geformt.
- Mit dem Teigschluss nach oben garen die Teiglinge wahlweise bei Raumtemperatur oder im Kühlschrank bei 5°C
- Gebacken werden die Brote bei 250°C mit Schwaden.
- Ofen nach 5 Minuten auf 200°C zurückschalten und kräftig ausbacken (ca. 45-50Minuten)
108 Kommentare
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Inke
Hallo Dietmar,
meinen Vorschreibern hinsichtlich Deiner tollen allgemeinen Erlkäuterungen schließe ich mich ausdrücklich an!
Für mich wäre es sehr hilfreich, wenn Du zu den beiden Möglichkeiten der Gare noch ca. Zeiten angeben könntest.
Wie lange bei 5 ° im Kühlschrank?
Wie lange bei 24 ° (oder gerne auch 28 ° in der Wärmeschublade)?
Vielen Dank im Voraus und viele Grüße
Inke
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Dietmar Kappl
Hallo Inke,
ich liebe diese Frage 🙂
24°C – ca.70 Minuten
5°C – ca. 12-15 Stunden
Diese Angaben richten sich aber immer nach der bereits entstandenen TEIGREIFE vor der Gare, und sind daher nur als Richtwerte zu sehen! Man glaubt nicht, wie sehr sich Gare auch Aufgrund einer zu festen TA verzögert daher: Bitte nie genau an die Zeiten halten 😉
Lg. Dietmar
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Ignaz
Hi Didi !
Bin nun schon einige Jährchen hobbymäßig am Backen und hätte 2 ganz spezielle Fragen:
1 Wie zauberst du immer diese schöne Fensterung auf deine Backwerke (man hört es direkt knistern), und
2 wieso ist der Ausbund deiner Backsachen mittig stets hell und aufgerissen, und nie durchgebacken ?
Ich bring das nie so hin : Bei mir sind die Einschnitte zwar immer breit aufgegangen, sie sind aber leider auch immer durchgebacken. Und Fensterung gibt’s bei mir nur an der Außenmauer …
Würde mich über einige Tipps vom Spezialisten freuen !
Gruß
Ignaz
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Dietmar Kappl
Hallo Ignaz,
hast du schon mal Weizenbrote im Topf gebacken?!!
Backe einmal dein Brot im Gusseisernen Topf bei konstanten 240-250°C / 35 Min. – für mich ergibt diese Kombi das beste Farbenspiel und auch die Fensterung der Kruste gelingt hier am besten!
Die meisten backen ihre Brote bei “zu niedriger Temperatur” und auch zu lange. Wenn dir deine Brote zu gleichmäßig backen, musst du die Backtemperatur erhöhen (und keine Heißluft verwenden).
Sollte mal ein Brot bereits nach 30 Minuten bereits die volle Farbe besitzen, Brot aus dem Ofen nehmen, Ofen ausschalten und nach einer kurzen Auskühlphase (10 min.) Brot im ausgeschalteten Ofen ziehen lassen (Vorsicht: diese Anwendung funktioniert nur mit Backstein!).
Breiter Schnitt: Wenn man den Brotteigling schneidet, sollte dieser sofort in den Ofen kommen! Die Schnittstelle läuft ansonsten sehr stark in die Breite und unterscheidet sich kaum von der Kruste.
Das Aufreißen der Schnittstelle geschieht auch nur dann, wenn du den perfekten Zeitpunkt der Gare erwischt. Wenn du etwas mehr aufgerissene Schnitte haben möchtest, solltest du deine Brote mit etwas weniger Gare in den Ofen schieben (5-10 Min früher) – BITTE keine Untergare / einfach einen Tick früher.
Lg. Dietmar
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Ignaz
Hi Didi,
vielen Dank für deine Tipps, hier nochmal kurz zusammengefasst :
1 Gusseisernen Topf hab ich nicht – Variante fällt flach
2 Heize stets meinen Ofen 45 Minuten auf 250 Grad vor – inklusive insgesamt 7 kg Schamotteplatten – zu niedrige Backtemperatur fällt vermutlich flach
3 Backe immer mit “ordentlicher” Heißluft – vermutlich die wesentliche Ursache
4 Nach dem Schneiden warte ich immer, bis der Schnitt “schön aufgegangen ist” – ts, ts …
5 Bin gspannt, ob ich einmal “die perfekte Gare” ersehe …
Gruß
Ignaz
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Dietmar Kappl
Dann bleiben ja nur noch 3, 4 und 5 übrig 😉
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Elisabeth
Hallo Dietmar!
Es sind jedes Mal die Erklärungen von dir, die ich noch in keinem Buch oder anderm Backblog gefunden habe, die mich so sehr faszinieren. Bei dir ist alles einfach so verständlich geschrieben, dass ich es verstehen kann.
Das Brot wird natürlich bald nachgebacken.
Eine Frage hätte ich noch zum Alpenlaib: Ich habe am Freitag, 13.11.2015 am Abend den Sauerteig zusammengerührt und hab dann am Samstag am Vormittag keine Zeit gehabt das Brot zu backen. Den Sauerteig habe ich in den Kühlschrank gestellt. Könnte ich den am Montag am Nachmittag noch verbacken oder muss ich ihn entsorgen?
Herzlichen Dank nochmals für deine Erklärungen, es macht Spass diese zu lesen und immer wieder dazuzulernen und noch dazu so gute Brote zu backen, die ich in keiner Bäckerei bei uns zu kaufen bekomme.
Liebe Grüße und noch einen schönen Sonntag,
Elisabeth
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Dietmar Kappl
Hallo Elisabeth,
verwenden kannst du diesen auf alle Fälle aber:
– die Hefemenge um eine Spur anheben!!!
– die Sauerteigmenge muss man um 20-25% reduzieren (wird ansonsten zu sauer!!)
oder:
den fertigen Sauerteig nochmals mit einer kleinen Mehlmenge (20% der Sauerteigmehlmenge) füttern – das nimmt die Säurespitze vom Sauerteig 😉
(im Hauptteig aber die zusätzliche Sauerteigmenge auch mit einrechnen / entweder einen größeren Laib formen oder den Teig nach dem Kneten in die Kühlung stellen. Nach dem Brotbacken das Backrohr wieder aufheizen und den restlichen Teig in kleine Stücke teilen und bei 250°C durchgehend backen – des werden klasse Brötchen)
Lg. Dietmar
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Elisabeth
Da bin ich aber froh, dass ich den Sauerteig nicht entsorgen muss. Ist ja doch ein Lebensmittel und zu schade um ihn über den Jordan zu befördern.
Herzlichen Dank für die tolle Information.
Das heißt dann, ich gebe nochmals 48 g Mehl und vermutlich auch 52 g Wasser dazu. Wie lange muss ich den Sauerteig dann noch stehen lassen, bevor ich ihn verwende?
Liebe Grüße Elisabeth
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Dietmar Kappl
3-4 Stunden!
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Björn-Mario Preussner
Hallo Dietmar,
zum Thema Maßnahmen zur Erhaltung der Frische folgender Tip von K. K.:
Lagerung und Reife von Brot, Brötchen und Vinschgerl
Das Brot in ein trockenes Geschirr- oder Leinentuch schlagen, danach
in einen Plastiksack oder eine Plastiktüte stecken und
in den Kühlschrank legen.
Das Brot, Brötchen oder Vinschgerl erwärmen; z. B. toasten
Der Kühlschrank entzieht den Schimmelpilzen die Lebenstemperatur und der Plastiksack lässt das Brot im Kühlschrank nicht austrocknen. Das Tuch saugt das ständig aus dem Brot austretende Wasser auf und verhindert, dass der Wasserdampf sich am Plastiksack niederschlägt!
Lg. Björn-M.P.
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Rudolf d.Ä.
Einspruch, Euer Ehren!
Es gibt Temperaturbereiche, die sind für die oben im Artikel erwähnte “Retrogradation der Stärke” von erheblichem Einfluß:
Zitat:
Lagertemperatur
Die Retrogradation der Stärke ist bei folgenden Temperaturen
minimiert:
unter –7°C und über 55°C
stark ausgeprägt:
0 – 20°C
Deshalb sollte Brot nie kühl lagern, wenn es lange frisch bleiben soll.
Zitat Ende, aus “Frischhaltung”, Wissensforum Backwaren,
hier : http://www.wissensforum-backwaren.de/files/lernreihe/kap_VIII-1.pdf
Und gerade im Kühlschrank altert das “normale” Brot am schnellsten!
Pumpernickel und so was lege ich da auch schon mal selber rein! 😉
Aber die Idee mit dem Tuch in der Plastiktüte, die werde ich wohl an anderer Stelle verwenden können! Dafür Danke!
Herzliche Grüße
Rudolf d.Ä.
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Brotdoc
So habe ich das auch gefunden. Und in der Tat bleibt ein Brot im Tontopf länger frisch als im Kühli, selbst wenn eine Plastiktüte verwendet wird.
Didi: bald hast Du aus diesem Blog ein Wissenskompendium erstellt, das seinesgleichen sucht. Super!
Viele Grüße,
Björn
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Dietmar Kappl
Danke Björn 😉
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Dietmar Kappl
Hallo Björn,
danke für den Tipp mit dem Tuch in der Plastiktüte.
Lg. Dietmar
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