Toskana
Nach dem Kneten ist die Teigbildung noch nicht als abgeschlossen zu betrachten. Zur weiteren Quellung und zur Entspannung ist eine Teigreife notwendig. Dabei lagert der Teig entweder im Kessel oder in Teigwannen. Wichtig ist, dass der Teig während dieser Zeit abgedeckt gelagert wird. Wenn er auf dem Tisch liegt, ist eine Abdeckung mit einem Tuch oder einer Plastikfolie sinnvoll. Durch das Abdecken des Teiges wird ein Abtrocknen der Teigoberfläche verhindert.
Die Teigreife wurde in der Vergangenheit auch als Teigruhe bezeichnet, doch dieser Begriff spiegelt nicht den eigentlichen Vorgang wieder. Die Zeit nach dem Kneten ist zwar eine Zeit, in der der Teig nicht bearbeitet wird, doch während dieser Phase beginnt die Nachquellung der Mehlinhaltsstoffe und das notwendige Entspannen des Klebers.
Während der langen Teigreife von über einer Stunde sollten die Weizenteige ein- oder mehrmals durchgestoßen (aufgezogen/gefalten) werden. Mit dem Durchstoßen wird das gebildete CO2 ausgetrieben, Luft eingearbeitet und der Hefe neue Nahrung zugeführt. Beim Durchstoßen erhöht sich die Anzahl der Poren im Teig und aus großen werden kleine und gleichmäßigere Poren.
Mit dem Durchstoßen wird auch eine Verbesserung des Teigstandes erreicht. Dabei darf aber die optimale Teigreifezeit nicht überschritten werden, andernfalls kommt es zu einer starken Erweichung des Teiges. Eine Tatsache, die auch durch das Absterben von Hefezellen gefördert wird, denn dabei werden Enzyme freigesetzt, die den Kleber erweichen.
Teigreifezeiten vor der Weiterverarbeitung von einzelnen Brotsorten auf der Basis von Weizenteigen
Die Zeiten der Teigreifung bei Weizenteigen können sehr unterschiedlich sein. Diese werden von Teigausbeute, Teigtemperatur, Misch- und Knetzeit beeinflusst. In der nachfolgenden Tabelle sollten die angegebenen Zeiten nur als “Richtwerte” genommen werden.
Weizenbrot frei gebacken
40-60 Minuten
Weizenbrot im Kasten gebacken
30-40 Minuten
Weizenmischbrot
20-40 Minuten
Baguette
40-60 Minuten
Ciabatte
180-240 Minuten
Auswirkung der Hefelockerung auf die Teigstruktur
Mit zunehmender Teigreife entstehen überall im Teig Gasbläschen, die als Poren bezeichnet werden. Die Ausdehnung des Teiges erfolgt durch den Gasdruck aller Poren. Neben dem äußeren Volumen nimmt in stärkeren Maße die “innere Teigoberfläche” zu. Der Gasdruck führt zu Kräften, bei denen die Klebermembrane reißen. Dadurch verbinden sich mehrere Poren zu einer größeren, mit der Folge, dass an dieser Stelle der Druck nachlässt und in der Umgebung kleinere Poren erhalten bleiben.
Der Grund für eine ungleichmäßige Porung liegt somit in einer unterschiedlich ausgeprägten Dehnbarkeit des Klebers. Bei steigendem Gasdruck reißen einzelne Porenwände, während andere sich ausdehnen. Diese unterschiedliche Dehnbarkeit der Kleberstränge wird bei nicht ausgekneteten Teigen gefunden.
Unterschiedliche Temperaturen im Teig
Unterschiedliche Temperaturen in einer Teigcharge oder einem Teigling können auch zu unterschiedlichen Aktivitäten der darin vorhandenen Hefe führen. Infolge einer Auskühlung der Teigoberfläche und der Freisetzung von Energie (Wärme) durch die Aktivität der Mikroorganismen im Inneren ergibt sich eine Temperaturdifferenz, die zu einer stärkeren Gasbildung im Kern führt.
Zur Vermeidung der unterschiedlichen Temperaturen ist das zusammenschlagen der Teige während langer Gärzeiten ein wesentliches Element, um eine schöne Porung zu erreichen. Wenn eine grobe Struktur erwünscht wird (Ciabatta, Baguette) , dann sollten die Teige nur sehr vorsichtig aufgezogen werden. Dadurch bleiben die Poren erhalten, doch die Hefe wird von Kohlendioxid befreit und erhält neue Nährstoffe.
Rezept
für ein Teiggewicht von 1237g / 2 Stück 618g
Roggensauerteig:
- 45g Roggenmehl Type 960
- 45g Wasser 40°C
- 8g Anstellgut
TT: 30°C TA: 200 RZ: 12-15 Std
Weizensauerteig:
- 30g Weizenmehl Type 1600
- 30g Wasser 40°C
- 5g Anstellgut
TT: 27-30°C TA: 200 RZ: 12-15 Std
Poolish:
- 170g Tipo 00
- 170g Wasser 20°C
- 1g Hefe
TT: 15°C TA: 200 RZ: 2 Std. bei Raumtemp. anschließend 10-12 Std im Kühlschrank bei 4°C
Hauptteig:
- 341g reifes Poolish
- 98g reifer Roggensauerteig
- 65g reifer Weizensauerteig
- 440g Tipo 00
- 250g Wasser (der MUTIGE nimmt 40g mehr)
- 14g Salz
- 25g Olivenöl
- 4g Hefe
TT: 24-26°C TA: 172 (der MUTIGE 178!!) MZ: 8 Min. langsam / ca. 4-6 Min. schnell
Anleitung:
- Vorteige, Mehl und Wasser 2 Minuten mischen und zugedeckt 30 Minuten stehen lassen (Autolyse).
- Salz und Hefe beimengen und 10 Minuten langsam mischen.
- Danach am schnellen Gang so lange Kneten, bis sich der Teig vom Kessel löst.
- Nach dem lösen des Teiges vom Kesselrand wird das Olivenöl untergemischt (so lange am schnellen Gang Kneten, bis sich das Olivenöl vollständig untergemischt hat).
- Den Teig in einer geölten Wanne lagern und nach 35 und 70 Minuten aufziehen (falten).
- Nach einer gesamten Reifezeit von 105 Minuten kann der Teig in zwei gleich große Stücke geteilt werden.
- Das ausgewogenen Teigstücke zu runden Laiben falten/formen – NICHT rundwirken!
- Mit dem Teigschluss nach unten kurz entspannen lassen und zu länglichen Broten formen. Diese mit dem Teigschluss nach unten in einem bemehlten Leinentuch 15 Minuten garen lassen.
- Bei halber Gare (15-20 Min.) werden die geformten Teigstücke aus dem Leinentuch genommen, der Länge nach ein mal in gedreht und zu einem rundlichen Brot nachgeformt.
- Die Endgare erfolgt auf einer bemehlten Backschaufel oder auf Backtrennpapier.
- Bei voller Gare mit Schwaden bei 240-250°C in den vorgeheizten Ofen schieben.
- Ofen nach 10 Minuten auf 220°C zurückschalten.
- Gesamte Backzeit sollte 35 Minuten nicht unterschreiten (zur besseren Krustenbildung Schwaden gegen Ende der Backzeit ablassen).
85 Kommentare
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Hubert
Hallo Dietmar,
ich bräuchte dieses Brot etwas kompakter/fester und vor allem auch feinporiger; wie mach ich das am besten?? Die TA vielleicht auf 168 reduzieren und vor der Stückgare kräftig ausstoßen??
Wäre dir für Tipps sehr dankbar!
Beste Grüße!
Hubert
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Dietmar Kappl
Hallo Hubert,
genau so wird’s gemacht 😉
TA reduzieren und kräftig ausstoßen!
Lg. Dietmar
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reiki-hanne
Hallo Dietmar,
ich bin auch fertig, das Brot ist erstaunlicherweise gelungen. Ich misstraue meinem Tipo 00 nämlich sehr, und zwar zu Recht! Deshalb hab ich es mal bei der TA von 172 belassen.
Bis zu dem Moment, in dem das Olivenöl zugefügt wurde, sah alles gut aus. Mit dem ersten Schluck verteilte sich der Teig in der ganzen Knetschüssel und ließ sich nur mit Mühe halbwegs wieder einfangen. Ich war sehr skeptisch, wurde aber mit einem ansprechenden Ergebnis belohnt. Das Brot ist schön locker und saftig, die Poren sind nur wenig kleiner als bei Dir und Armin(wie immer klasse); unter diesen Umständen bin ich wirklich zufrieden.
Liebe Grüße
Hanne
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Corinna
Nochmal…
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Dietmar Kappl
Hallo Corinna,
ich vermute folgendes:
– zu hohe Teigtemperatur (daher reifte der Teig zu schnell)
– event. etwas zu kurz geknetet (zu schwaches Teiggerüst)
– Übergare (dem ging die Luft aus beim Aufschlagen – man sieht es am aufgezogenen Boden!)
Meistens sieht man einen solchen Fehler bei Broten, die bei 4°C im Kühlschrank heranreiften und die beim Aufschlagen am Simperl festklebten (Ursache: schlechtes Stauben mit Mehl und Übergare). Hier fällt das Teiggerüst in sich zusammen und kleine Poren mutieren zu einer großen in der Mitte.
Lg. Dietmar
(Cornetti sind klasse, und stehen irgendwann am Backplan 🙂 )
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Corinna
Hier mein Brot
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Corinna
Hallo,
Tolles Rezept, ich hab es mit 270 ml Wasser probiert, hat sich gut verarbeiten lassen.
Woran liegt es, dass die krume oben so großporig ist und unten klein?
Wenn ich mir mal ein Rezept wünschen dürfte, dann wären das italienische cornetti. Ich finde die so gut, irgendwie leichter als Croissants und nicht zu vergleichen mit deutschem Plunder 😉
VG corinna
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Manfred
Der Wunsch nach dem Backen eines Cornettis schließe ich mich gerne an. Das wäre mal was!
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Martin B
+ 1 … ich auch 🙂
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Armin
Hallo Dietmar, dieser Beitrag hat mich sofort gereizt, kaum fertig gelesen waren auch schon die Vorteige gemischt.
Zähle mich auch zu den mutigen und die hohe TA hat mich begeistert.
Das Mischen und Kneten von diesem Teig war heute mein Morgensport, habe alles händisch durchgeführt, bis mir die Schweißtropfen auf der Stirn standen. Die Mühe hat sich gelohnt, der Teig habe eine tolle Konsistenz. Mit dem Ergebnis bin ich soweit zufrieden und die Porung wird auch schon besser, dank deiner Hilfe.
Was das backen für Bekannte und Freunde betrifft ist es auch mir nicht möglich alle Wünsche zu erfüllen, um so größer ist die Freude wenn es bei diversen Anlässen mal was besonderes gibt.
LG Armin
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Dietmar Kappl
Hallo Armin,
von Hand – WOW klasse 😉
(der eine geht joggen und der andere wirft seinen Teig in der Küche 🙂 )
Lg. Dietmar
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Karin Anderson
Über die Rolle von Temperaturunterschieden zwischen Teigoberfläche und -innern bei der Hefeaktivität habe ich noch nie nachgedacht. Wieder etwas dazugelernt. Hier in den USA sind die riesenporigen Brote à la Tartine bei Hobbybäckern besonders begehrt. Ich backe sie auch viel, allerdings mag ich löchrige Brotscheiben, die keinen Belag aushalten, weniger.
LG, Karin
Übrigens, weil Brotdoc gerade dieses Thema aufgeworfen hat – ich lese deine Posts regelmässig, auch wenn ich nicht immer kommentiere.
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Dietmar Kappl
Halo Karin,
freut mich einen Stammleser aus der USA zu haben 😉
Lg. Dietmar
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Samuel Kargl
Hallo Dietmar!
Ich bin immer mutig – bei der TA. Werde dieses Brot sicher demnächst backen. Im Moment hab ich mit meinen Standardbroten zu kämpfen. Dauernd will meine Familie u. Freunde dass ich Baguette, Roggenbrot oder Toastbrot backe. Die kaufen gar nix mehr beim L… oder H…. oder bei sonst irgend welchen Aufbacker.
lg SAM
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Richard Meier (Backfuzi)
Das habe ich gleich abgestellt, Sam! ICH entscheide, wer wann ein Brot etc. bekommt, sonst wird aus dem Hobby sehr schnell Stress!
Außerdem sollen deine Bekannten ja auch noch zur REICHL Bäckerei gehen…
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Dietmar Kappl
Zum Glück ist Sam in Kärnten, ansonsten hätte ich im hier eine starke Konkurrenz 😉
Lg. Dietmar
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