Berliner Vollkornbrot
Auch ich glaubte lange Zeit das weiche Teige für eine Frischhaltung ausreichend wäre, jedoch in diesem Punkt hatte ich mich getäuscht. Quell- und Brühstücke sind ein zwingendes MUSS in der Teigbereitung von Vollkorn- und Schrotbroten. Je gröber und schärfer ein Schrot vermahlen wurde, umso wichtiger ist es diesen in einer Vorstufe vollständig mit Wasser zu versorgen.
Brühstück VS. Quellstück
Bei der Herstellung von Vollkorn- und Schrotbroten gelingt bei der Teigherstellung nur eine verlangsamte Wasseraufnahme der Schalenanteile. Daher ist es wichtig, diese Mehle einer Vorbehandlung zu unterziehen!
Brühstück
Ein Brühstück sorgt für einen bindigeren Teig, einer höheren Wasseraufnahme und einer Vorverquellung der Stärke was zugleich für eine bessere Frischhaltung sorgt.
Um eine optimale Verquellung bei Brühstücken zu erreichen, empfehle ich nur kochendes Wasser zu verwenden. Beim anschließenden vermischen in der Knetschale wird ein Brühstücktemperatur von 50-70°C erreicht. Ein anschließendes langsames Kneten in der Knetschale ermöglicht eine bessere Bindigkeit des Schrotes und kann somit nur empfohlen werden.
Da im Brühstück die Stärke bereits weitgehend verkleistert, sollte diese Menge auf 60% maximiert werden. Sollten Brühstücke eine längere Abstehzeit als 4 Stunden bekommen, so ist eine Abkühlung auf 30°C zwingend. Abhilfe bringt eine Salzzugabe, welche eventuelle Fremdgärung verhindert.
Stärkekomplex – durch das Überbrühen der Schrote werden die Mehlbestandteile sofort aufgeweicht und das heiße Wasser kann besser und schneller in das Stärkekorn eindringen. Die Stärke wird in abgebaut und bildet dadurch Zuckerstoffe welche im Brot zu einer besseren Färbung und Frischhaltung führen.
MERKE:
- Schrotart: extra grob, grob und mittel
- Zugusstemperatur 100°C
- Anschließendes Kneten in der Knetschale von 15 Minuten bringt eine bessere Bindigkeit der Krumenstruktur
- Teigsausbeute ca. 200 – 300
- Quellzeit 3-4 Stunden (bei längerer Lagerdauer ist es notwendig das Brühstück auf 30°C abzukühlen)
- Salzzugabe verhindert Fremdgärung und verlängert die Lagerdauer bei Raumtemperatur
- 0,5 – 1% Essig verhindern ebenfalls unerwünschte Fremdgärung
Quellstück
Bequem aus der Wasserleitung und die meistverbreitetste Vorstufe in meiner Lehrzeit! Das Quellstück ist im Gegensatz zum Brühstück die kalte Vorstufe. Da die Quelltemperatur nur 30°C beträgt und keine Stärke verkleistert, können hier größere Mengen an Schrot vorverqollen werden.
Dadurch werden gröbere Kornbestandteile weicher und es entsteht ein angenehmer Biss. Bei falscher Lagerung kommt es auch hier zu einer Falschgärung die das Brotaroma beeinträchtigt. Durch eine Salzzugabe lässt sich auch hier die Fremdgärung vermeiden.
MERKE:
- Schrot: grob, mittel und fein
- Ansatztemperatur 30-40°C
- Teigausbeute 200
- Wer auf Nummer sicher gehen will, kann bereits im ganzen Quellstück die Salzmenge verwenden.
- 30 – 75% der Schrotmenge verquellen
- mit Salzzugabe eine Stehzeit bis zu 16 Stunden – bei längerer Lagerung empfiehlt sich eine Lagerung bei 4°C
Brüh- und Quellstücke im Vergleich
QUELLSTÜCK | BRÜHSTÜCK | |
Schüttwassertemperatur | 30 – 40°C | 100°C |
Quellstufentemperatur | 20 – 30 °C | 50 – 70°C |
Quellausbeute | 200 | 200 – 300 |
Quellstufenanteil | 30 – 75% | 30 – 60% |
Frischhaltung | gut | sehr gut |
Geschmack | kräftig herb | aromatisch und leicht süßlich (duftet nach Heuwiese) |
Abstehzeit | 12 – 18 Stunden | 4 Stunden |
Krumenfarbe | Roggenbraun | Whiskybraun |
Rezept
für ein Teiggewicht von 1988g
Gesamtrezeptur
320g | Roggenschrot mittel | 32% |
300g | Roggenvollkornmehl | 30% |
200g | Roggenschrot grob | 20% |
130g | Dinkelvollkornmehl | 13% |
50g | Roggenflocken | 5% |
860g | Wasser | 86% |
70g | Restbrot fein vermahlen | 7% |
18g | Salz | 1,8% |
Vollkorn-Sauerteig
320g | Roggenschrot mittel |
260g | Wasser ca. 45°C |
40g | Anstellgut |
Anstellgut im Wasser auflösen und klumpenfrei mit dem Roggenschrot vermischen. Gewünschte Teigtemperatur 28-30°C / Reifezeit 12 – 14 Stunden.
Brühstück
200g | Roggenschrot grob |
50g | Roggenflocken |
18g | Salz |
460g | Wasser 100°C |
Alles zusammen im Kneter 10 – 15 Minuten langsam mischen! Durch das langsame Mischen wird eine bessere Bindigkeit und Vorverquellung des Schrotes erreicht. Anschließend bei Raumtemperatur quellen lassen.
Brotaroma
70g | getrocknete Brotbrösel |
140g | lauwarmes Wasser |
30 Minuten vor der Teigherstellung anrühren und quellen lassen.
Hauptteig
620g | reifer Vollkorn-Sauerteig |
728g | Brühstück |
210g | Brotaroma |
300g | Roggenvollkornmehl |
130g | Dinkelvollkornmehl |
Herstellung
- Sauerteig, Brühstück, Brotaroma und Vollkornmehle zusammen 15 Minuten am langsam Gang vermischen.
- Anschließend weitere 5 Minuten schnell kneten (sollte der Teig zu fest erscheinen, kann Wasser nachgeschüttet werden).
- Nach der Teigherstellung den Teig 30 – 40 Minuten reifen lassen.
- Anschließend nach Wunsch auswiegen, rund wirken und in Kastenform einlegen.
- Nach der Aufarbeitung den Teigling an einem warmen Ort zugedeckt reifen lassen.
- Dauer der Endgare ca. 50 -70 Minuten (je nach Triebstärke des Sauerteiges – wer gerne möchte kann 5g Hefe dem Hauptteiog beimengen.
- Angebacken werden die Kastenbrote mit kräftigen Schwaden bei 230°C
- Ofentemperatur sofort nach dem einschießen auf 195°C reduzieren.
- Gesamtbackzeit sollte 100 – 120 Minuten betragen.
69 Kommentare
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Peter
Bei mir ist die Sommerzeit Roggenvollkornbrotzeit. Aber ich bin Roggenvollkorn/schrotbrote Alleinabnehmer. Meine 1. Versuche haben mir Beileidsbekundungen eingebracht. Aber 2016 hatte der Roggenvollkorngott mit mir ein Einsehen nachdem er mich auf W. Süpke aufmerksam gemacht hatte. Die volle Vorteigversion, die längerer Quetschknetung und die warme Teigführung von ca 32 °C brachte bei mir (meistens) Erfolg.
In Dietmars Berliner erkenne ich die Lösung der ehemaligen Probleme vieler Hobbybäcker wieder. Eines der immer noch bestenden Probleme bei den wenigen Vollkornbroten ist die richtige Wassermenge. 50 g Wasser halte ich bei 1 kg Broten zurück um die letzte Knetung hinsichtlich der Bindung des Teiges zusteuern. Der Verzicht auf die Fermentierung durch diese Menge ist beherrschbar.
Anbei ein ähnliches Roggenvollkornbrot in Anlehnung an Lutz nur mit Vollkorn und 50 g inaktives Roggenmalz nach Dietmar.
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Dietmar Kappl
Hallo Peter,
ich war bis vor kurzer Zeit kein Vollkornfreund aber es hat mich voll erwischt 🙂 🙂
Tolle Krume bei deinem Brot.
Lg. Dietmar
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Markus
Hallo Dietmar,
Danke für die Beiträge, Vollkorn und Schrot interessiert mich sehr.
Du schreibst, beim Quellstück 30-75% der Schrotmenge verquellen, soweit klar. Heißt dies, dass dann der restliche Schrotanteil in den Sauerteig wandert, bzw. dass bei Verwendung von Schrot immer der gesamte Schrotanteil verquellt (Sauerteig, Quellstück, Brühstück) gehört?
mfg
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Dietmar Kappl
Hallo Markus,
zuerst muss immer die passende Menge für Sauerteig bei Seite gelegt werden! Anschließend kann der Rest entweder ganz oder zu einem gewissen Teil vorverquollen werden. 100% vom Rest hab ich eigentlich noch nie in einem Quell- oder Brühstück verwendet!
WARUM: Wenn anschließend Sauerteig & Quellstück vermischt werden, kann es passieren, das der Teig in der Anfangsphase schon sehr weich ist. Man möchte aber zu Beginn der Mischphase einen etwas festeren Teig haben – nur so erreicht man eine gute Bindigkeit des Krumenstruktur. Wenn du schon alles Vorquellen möchtest, dann lieber mit einem Brühstück – dieses steht kürzer, ist fester und könnte (eventuelle) Wasserstreifen in der Krume verhindern 😉
Kann aber gerne einen Versuchsrezept machen “100% Vorverquellung Brühstück VS Quellstück” 😉
Lg. Dietmar
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Markus
Hallo Dietmar,
Mit den 100% vom Rest bezog ich mich auf die restliche Schrotmenge. Anhand eines Beispiels. Ich habe für das Gesamtrezept 500g Roggenschrot fein, 450g RVKM, 100g Roggenflocken und 50g Altbrot gemahlen.
In den Sauerteig gebe ich 400g Roggenschrot fein. In das Quellstück die restlichen 100g Roggenschrot fein, 100g Roggenflocken und die 50g Altbrot gemahlen.
Die 450g RVKM kommen dann in den Hauptteig.
Würde dass ungefähr passen?
mfg
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Dietmar Kappl
Hallo Markus,
würde so gehen!
Du brauchst aber gar nicht so viel Mehl für den Sauerteig zu verwenden – 300-350g reichen völlig. Bei zu hoher Dosierung im VK-Bereich kann es zu einer unangenehmen Säure kommen (außer du möchtest diese haben 😉 )
Lg. Dietmar
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Angelika Sp.
Hallo Dietmar,
Ich habe im Moment nur Roggenschrot fein und mittel.
Kann ich das problemlos austauschen oder ändert sich die Wassermenge beim Brühstück?
LG Angelika
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Dietmar Kappl
Hallo Angelika,
nimm für das Quellstück den mittleren Schrot 😉
Der Rest bleibt gleich – einfach den Mischvorgang beobachten und Wassermenge bei Bedarf anpassen (müsste aber ziemlich genau passen!!).
Lg. Dietmar
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Petra N.
Hallo Dietmar,
passt die Teigmenge in eine 1,5 kg Kastenform? Oder besser in 2 x 1kg füllen?
Liebe Grüsse Petra
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Dietmar Kappl
Hallo Petra,
kommt auf die Größe deiner Backform an!
Ich hab in meine Backform 1300g gefüllt (25x10x10cm) 😉
Lg. Dietmar
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Markus P.
Hallo Dietmar,
danke für die theoretischen Erläuterungen zu Brüh- und Quellstück! Wirkt sich eigentlich der Mahlgrad des Schrotes (grob, mittel etc.) auf die Dauer der Reifezeit aus oder ist das eher unkritisch?
Noch eine Frage zum Schrot: Wie sind die unterschiedlichen Schrotgrade – extra grob, grob, mittel, fein – definiert? Bzw. welche Einstellungen wären z.B. auf einer Mockmill Lino 200 oder Pro 200 jeweils zu verwenden? Die Skala geht ja von 0 bis 20 (bzw. noch etwas darüber hinaus). Wäre Skala 20 schon extra grob?
LG
Markus
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Dietmar Kappl
Hallo Markus,
dies wird noch in den kommenden Beiträgen genauer beschrieben 😉
Kann dir aber schon folgende Angaben machen:
0,5-1 = Vollkornmehl
2-3 = Vollkornschrot fein
6-7 = Vollkornschrot mittel
10-11 = Vollkorn grob
15-17 = Vollkorn extra grob
Es kommt noch ein Beitrag mit tollen Fotos 😉
Lg. Dietmar
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Jan
Oh, auf den nächsten Beitrag freue ich mich auch schon.
Ich habe mir jetzt kürzlich auch eine Mockmill 100 gegönnt, da die Bosch MUM “Aufsatz-Quetsche” auf feinster Einstellung auch eher Feinschrot statt Mehl produziert hat.
Aus der Mockmill kommt jetzt wirklich brauchbares Mehl heraus. So weit, es zu fraktionieren mit Mehlsieben bin ich aber noch nicht 🙂
P.S.: Ein toller Beitrag mal wieder, der grade Recht kommt. Ich habe just Sauerteig und Brühstück für ein reines Schrotbrot aus dem Brotbackbuch Nr.3 vom Lutz angesetzt!
Das lange Kneten, um die Stärke aus den nur gebrochenen Körnern des Hauptteig-Schrots zu bekommen ist aber auch nicht zu unterschätzen. Wenn man die Zeiten nicht einhält, bekommt man nie eine bindige Masse und hat nachher mindestens einen dicken Wasserstreifen im Brot…
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Dietmar Kappl
Hallo Jan,
ja das Vollkorn bedarf einer ganz anderen Herstellungsweise.
Umso wichtiger finde ich dazupassende Beiträge die auf solche Fehlerquellen aufmerksam macht.
Hoffe es gelingt mir – ich versuche es zumindest 😉
Lg. Dietmar
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